Die Entscheidung für bestimmte Arten, Sorten und Mischungen im Ackerfutterbau hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab. Wegen der hohen Relevanz für den Erfolg des Futterbaus lohnt sich eine genaue Betrachtung. Der Online-Höfestammtisch der Landwirtschaftskammer NRW, des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen und des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg am 31.05.2021 im Rahmen des Projektes Demonet KleeLuzPlus ging diesem Thema nach.
Demoanlage mit Kleegrasmischungen.
Quelle: Philip Köhler
Allein beim Deutschen Weidelgras sind über 100 Sorten auf dem Markt verfügbar. Das verdeutlicht, dass die Wahl der passenden Sorten keine triviale Entscheidung ist. Um die ideale Sorte für den Betrieb zu finden, bietet das Sortenwesen eine wichtige Hilfestellung. Allein durch die Listung von Sorten in der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes wird ein Mindeststandard an Qualität garantiert, da nur Sorten mit nachgewiesen erhöhtem Nutzen neu zugelassen werden. Darüber hinaus erarbeitet das Versuchswesen der Länder über eine große Bandbreite an Standorten in mehrjährigen Versuchen Sortenempfehlungen. Die Sorten werden hierzu auf Ertrag, Ausdauer, Qualität und Krankheitstoleranz geprüft. So ist bspw. die Anfälligkeit von Rotklee gegenüber Stängelbrenner ein wichtiges Prüfmerkmal, auf das insbesondere in anfälligen Lagen geachtet werden sollte. Bei Luzerne ist unter anderem die Lagerneigung relevant. Wie bei den Leguminosen werden auch bei den Gräsern als relevanten Mischungspartnern starke Unterschiede bezüglich Höhe, Ertrag, Qualität, Nachwuchs und Ausdauer beobachtet. Insbesondere bei Rotklee ist eine starke Differenzierung der Nutzungsdauer festzustellen. Für eine längere Nutzungsdauer des Ackerfutters sollte auf Rotkleesorten wie „Merula“, „Milvus“ oder „Columba“ zurückgegriffen werden. Um Vergleiche unterschiedlicher Ansaaten auf dem eigenen Betrieb bewerten zu können, sind einfache Hilfsmittel wie ein kleiner Ernterahmen in bekannter Größe oder aber auch ein Zollstock mit einem durchstochenen Eimerdeckel zur Messung der Bestandeshöhe hilfreich. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Bestandeshöhe nicht 1 zu 1 in Ertrag zu übersetzen ist.
Bernd Vollmer bewirtschaftet einen ökologischen Betrieb auf einem sandigen Standort mit durchschnittlich 750 mm Jahresniederschlag und 7,5 °C Jahresdurchschnittstemperatur. Das Ackerfutter nutzt er zur Versorgung der 30 Milchkühe und Nachzucht, bei deren Fütterung er kaum Kraftfutter einsetzt. Außerdem ist die Stickstofffixierungsleistung für den Betrieb entscheidend, weshalb er auf hohe Leguminosenanteile in der Mischung Wert legt. Am besten gelingt die Etablierung auf dem Betrieb als Spätsommeransaat. Wegen des sandigen Bodens ist eine Kalkung zur Saat aus Sicht des Betriebsleiters Pflicht. So können pH-Werte über 6 erreicht und auch Luzerne erfolgreich angebaut werden. Nach der Saat wird für einen guten Bodenschluss gewalzt. Im Herbst wird der Bestand meist noch einmal geschröpft, um mit der passenden Höhe in den Winter zu gehen. Die Mischungsphilosophie des Betriebes beschreibt Bernd Vollmer mit den Worten: „je bunter die Mischung, desto schöner können die einzelnen Bestandteile noch wirken, wenn es nicht optimal ist.“ Dabei ist es ihm wichtig, über die gesamte Anbauperiode eine geschlossene Narbe zu erhalten. Entsprechend legt er Wert auf empfohlene Sorten und nutzt aktuell acht verschiedene Arten in der betriebsüblichen Mischung: Rotklee, Luzerne und Weißklee, sowie fünf unterschiedliche Gräserarten. Die Kühe des Betriebes beweiden das Ackerfutter oft im Jahr vor dem Umbruch. Dieser erfolgt dann im Frühjahr, um Auswaschungsverluste auf dem leichten Standort zu minimieren. Bernd Vollmer empfiehlt, unterschiedliche Mischungen in Streifen über mehrere Jahre und Flächen hinweg auszuprobieren, um die passende für den Betrieb zu finden und diese dann auch immer wieder zu prüfen.
Fritz Bäßler betreibt mit seiner Familie einen konventionellen Milchviehbetrieb auf einem Ackerbaustandort in Freiberg am Neckar in Baden-Württemberg. Die knappe Wasserversorgung des Standorts charakterisiert er damit, dass der Weizen in der Region in den meisten Jahren nur notreif wird und der früheren Gerste ertraglich unterlegen ist. Für die mit 13.000 kg Jahresleistung hochleistenden Kühe ist auf dem Bäßlerhof der leguminosenbetonte Ackerfutterbau ein zentrales Element. Durch die strukturreichen Futterleguminosen kann auf die Beimengung von Stroh in der Ration verzichtet werden. Außerdem ist die Ergänzung des eiweißreichen Futters durch Energie einfacher als die Zufütterung von Eiweiß, so Bäßler. Er lobt außerdem die im Jahresverlauf sehr konstanten Qualitäten der Futterleguminosen bezüglich Energie und Eiweiß, sodass die Rationsgestaltung und Fütterungsübergänge einfacher sind als bei Grünlandaufwüchsen. Auch in diesem Betrieb ist die Etablierung der kleinkörnigen Leguminosen nach der Gerstenernte und dreifachem Eggenstrich das bevorzugte Verfahren. Um ÖVF-Vorgaben sicher zu erfüllen, nutzt der Bäßlerhof eine Mischung aus 80% Luzerne (Catera) und 20% Rotklee (Titus) im Samengewichtsanteil. In den ersten Aufwüchsen, welche von der Winterfeuchte und kühleren Temperaturen geprägt sind, ist Rotklee hauptertragsbildend. Die Folgeaufwüchse werden meistens von Luzerne dominiert. Für die Ausdauer des Ackerfutters kommt die Luzerne einmal im Jahr zur Vollblüte. Trotzdem wurden im letzten Jahr in allen Aufwüchsen XP-Gehalte von über 20% (i. TS) erreicht. In Zukunft soll die Mischung mit ca. 15% Grasanteil für die Narbendichte und die Befahrbarkeit ergänzt werden. Um bei der Ernte Bröckelverluste zu minimieren, nutzt der Betrieb eine Mähwerkskombination mit Gummiwalzenaufbereitern und Hochschnittkufen. Außerdem erfolgt im Anschluss auch kein Zett- oder Wendevorgang. Dieses System legt Fritz Bäßler auch allen Betrieben nahe, die den Futterbau mit hohen Leguminosenanteilen professionell und erfolgreich betreiben wollen.
Manfred Balser bewirtschaftet einen konventionellen Mutterkuh-Betrieb in Hessen auf einem Standort mit 600 mm Jahresniederschlag und 9,5°C Jahresdurchschnittstemperatur. Die Böden des Betriebes sind „Minutenböden“, welche nur in einem engen Bodenfeuchtefenster gut zu bearbeiten sind. Die Ackerfuttermischung des Betriebs ist vorrangig durch Luzerne geprägt, enthält aber auch Wiesenschwingel sowie Wiesenlieschgras und gelegentlich Knaulgras als trockenheitstolerante Art. Die Futterbauflächen werden oft als ökologische Vorrangfläche genutzt. Die Freude am Ackerfutterbau mit kleinkörnigen Leguminosen macht für Manfred Balser unter anderem aus, dass das Ackerfutter oft noch wächst, während andere Kulturen und auch das Grünland das Wachstum aufgrund der Trockenheit bereits eingestellt haben. Er sieht zudem insgesamt beim Luzerneanbau deutlich höhere Erträge als bei Grünlandaufwüchsen, so auch beobachtet beim 1. Schnitt in 2021. Die Luzerne war aber teilweise ins Lager gegangen und hatte bereits leichte Vergilbungen der untersten Blätter.
Text: Philip Köhler, LAZ BW