Jeder ökologisch wirtschaftende Betrieb sollte Klee- oder Luzernegras in seiner Fruchtfolge anbauen, aber Betrieben ohne Tierhaltung und insbesondere Wiederkäuer können es meist nicht gewinnbringend nutzen. Gleichzeitig fehlen regionale Futtermittel für Monogastrier mit der passenden Aminosäurenzusammensetzung, also mit ausreichenden Gehalten an Methionin und Lysin. In Dänemark gibt es seit diesem Sommer eine erste Pilotanlage, mit der aus regional angebautem Klee- und Luzernegras ausreichend Protein, also Grünes Eiweiß, produziert werden soll, um Schweine und Geflügel mit hochqualitativem Eiweiß zu versorgen. Erik Fog von der dänischen Beratungsorganisation SEGES hat die Pilotanlage begleitet und im November 2020 in einer Veranstaltung davon berichtet.
Genutzt werden können alle Mischungen mit kleinkörnigen Leguminosen. Wichtiger als die Mischungszusammensetzung ist dabei, dass der Bestand standortangepasst eine gute Leistung erbringt. Der Bestand wird geschnitten und das Schnittgut direkt ohne Bodenkontakt ungehäckselt aufgenommen und abgefahren. Erst in der Anlage wird das Pflanzenmaterial gehäckselt und mit einer Spindelpresse der Pflanzensaft ausgepresst. Das Eiweiß im Pflanzensaft wird durch Hitzeeinwirkung gefällt, also in einen festen Zustand überführt. Mit einer Zentrifuge kann es dann vom Pflanzensaft getrennt werden. So werden Proteinkörner mit einer Trockenmasse von rund 45 % erhalten, diese werden anschließen zu Futtermehl mit 90 % TM getrocknet. Das Futtermehl enthält 18 % der Trockenmasse des Schnittguts, aber 47 % des Eiweißes.
Das Futtermehl (Grünes Eiweiß) enthält rund 50 % Rohprotein mit einem hohen Anteil an Methionin (2,24 g/16 g N), Lysin (6,04 g/16 g N), Threonin (4,71 g/16 g N), und Tryptophan (2,17 g/16 g N). Die hier von der Universität Aarhus gemessenen Werte übersteigen die Werte von Sojakuchen. Die Gehalte an Cystein (0,70 g/16 g N) und Glutaminsäure (11,04 g/16 g N) sind dafür geringer.
Fütterungsversuche mit Legehennen, bei denen Sojakuchen als Kontrolle verwendet wurde, ergaben eine stabile Legeleitung. Mit höheren Anteilen an grünem Eiweiß aus Rotkleegras wurde das Eigelb dunkler.
Fütterungsversuche mit Mastschweinen zeigten, dass bis zu 15 % des Proteinanteils der Ration mit grünem Eiweiß ersetzt werden können, ohne dass sich die täglichen Zunahmen oder die Fleischqualität verändert. Lediglich die Farbe von Fleisch und Fett wurde mit zunehmendem Anteil etwas dunkler. Die Futternutzung lag bei 2,10 bis 2,18 kg Futter pro Kilogramm Zunahme.
Aus einem Hektar Kleegras können rund 1,5 Tonnen konzentriertes Grünes Eiweiß gewonnen werden. Eine Anlage kann über die Saison etwa 2.000 bis 3.000 Tonnen Schnittgut verarbeiten. Der Marktpreis des grünen Proteins wird etwas über dem von Bio-Sojakuchen angegeben. Da konventionelles Sojaextraktionsschrot deutlich günstiger am Markt zu haben ist, ist das Grüne Eiweiß unter den gegebenen Bedingungen nur für den Biosektor wirtschaftlich interessant. Das erste Bio-Futtermittel soll 2021 auf den Markt kommen.
Um die Wirtschaftlichkeit in der Produktion herzustellen, wurde bei der Pilotanlage großen Wert auf mehrere Aspekte gelegt: Erstens gilt es, die 82 % nicht für die Eiweißproduktion genutzte Trockenmasse gewinnbringend zu verwerten. Der Presskuchen, der beim Pressvorgang entsteht, wird in der Rinderfütterung oder in der Biogasanlage verwertet. Auch weitere Verwertungsmöglichketen in der Textil- oder Papierindustrie sind denkbar. Die Verwertung dieses Reststoffes sollte auf die gewinnbringendste Option ausgerichtet werden. Zweitens muss die Anlage auch in den Wintermonaten genutzt werden. Bei der Pilotanlage können den Winter über Seesterne getrocknet und zu Futtermittel verarbeitet werden. Und drittens sollte auch die Wärme vom Erhitzen des Pflanzensafts genutzt werden. Mittels Wärmetauscher wird Wärme für die Trocknung des Proteins gewonnen. Hier gibt es noch einige weitere Stellschrauben, um die Verwertung und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, regionale und kreative Lösungen sind gefragt.
Die Zeit scheint reif, um aus Klee- und Luzernegras ein hochwertiges Eiweißfuttermittel zu gewinnen.
Einerseits, weil im ökologischen Landbau der Bedarf hoch ist, regionale Eiweißquellen für Monogastrier zu nutzen und die Aufwüchse viehloser/-schwacher Betriebe sinnvoll verwertet sein wollen. Und andererseits, weil nicht nur die Forschenden, sondern auch Wirtschaftsakteure hier Potenzial sehen: in Dänemark soll 2021 eine weitere Anlage an den Start gehen. Die Futtermittelhersteller investieren in die Anlagen, was zeigt, dass hier ein wachsender Markt zu erwarten ist. Übrigens soll die Entwicklung nicht bei Futtermitteln stehen bleiben: auch Lebensmittel mit grünem Eiweiß sollen entwickelt werden. So sind künftig grüne Super Foods aus heimischem Klee- und Luzerneprotein denkbar. Zudem besteht weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf: so sollen besonders eiweißreiche Sorten identifiziert werden, die Erntetechnik soll optimiert werden und kleinere, mobile Anlagen sollen entwickelt werden.
Text: Ann-Kathrin Bessai